Wie bei der Nebennierenschwäche oder Adrenal-Fatigue steht beim Neurostress die Stressachse (Hypothalamus-Hypophyse-Nebenniere) im Zentrum des Interesses. Neben der hormonellen Steuerachse wird dabei noch der Neurotransmitter-Haushalt miteinbezogen. Daher besteht ein Neurostress-Profil in der Regel in der Messung der Hormone Cortisol und DHEA im Speichel sowie der Bestimmung verschiedener Neurotransmitter im (zweiten) Morgenurin.

Der Cortisolspiegel wir mehrmals am Tag bestimmt um den Tagesryhthmus bewerten zu können. Neurotransmitter die bestimmt werden sind: Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin, Dopamin manchmal auch noch GABA und Glutamat. Der Neurostress umfasst alle Veränderungen des zentralen hormonellen Stressystems und des zentralen Nervensystems, die beide eng miteinander verzahnt sind. Diese sogenannte neuroendokrine Stressachse ist von entscheidender Bedeutung für die Anpassung des Organismus an alle Herausforderungen die an ihn gestellt werden. Der Körper reagiert auf jede Umweltveränderung und passt sich an. Auch Temperatur- / Klimaschwankungen oder das Aufstehen aus dem Liegen sind schon Prozesse die eine Reihe von Vorgängen auslösen. Der Organismus reguliert die Atem- und Herz-/Kreislauffunktion, steuert die Energiebereitstellung, den Hormonhaushalt und Immunaktivität. Dies verändert je nach den aktuellen Bedürfnissen die Konzentration, Wachheit und Aufmerksamkeit des Individuums oder verursacht vegetative Reaktionen.

Normalerweise sorgt dieser Vorgang problemlos für eine Bewältigung der anstehenden Probleme. Die akute Stresssituation kann überwunden werden und der Organismus ist in der Lage sich zu regenerieren. Bei lange andauerndem Stress oder chronischem Stress kann der Anpassungsmechanismus des Körpers überfordert werden und es kommt zu einer nachhaltigen Veränderung auf physischer, psychischer und emotionaler Ebene. Die Anfälligkeit eines Jeden ist dabei individuell verschieden. Für manche Menschen können Ereignisse zu viel sein, die andere nicht als Stress wahrnehmen. Faktoren die dabei eine Rolle spielen sind z.B. traumatische Ereignisse, Unfälle, Infektionen oder die genetische Disposition. Die Sensibilität auf Neurotransmitter oder die genetische Fähigkeit zur Neurotransmitterproduktion können sich unterscheiden. All diese Faktoren und die Dauer und Intensität des Erlebten können die eigene Stresstoleranz mit bestimmen. Es können für andere harmlose Ereignisse in Einzelfall zum Ausbruch verschiedener Beschwerdebilder führen. Ein führendes Neurostress-Labor in Deutschland bringt den Neurostress mit ungefähr folgenden Häufigkeiten mit bestimmten Beschwerdebildern in Verbindung:

ADS/ADHS (bei Kindern) 20 – 22 %
CFS/Chron. Müdigkeitssyndrom     1 – 5 %
Fatigue (Müdigkeit/Erschöpfbarkeit) 10 – 20 %
MCS / Multiple Chemische Sensitivität   5 – 15 %
Fibromyalgie   5 – 10 %
Migräne     6 – 8 %
Übergewicht/Adipositas 30 – 60 %
Kohlehydrat-Heißhunger   5 – 20 %
Appetitstörungen 20 – 30 %
Depressionen 15 – 20 %
Schlafstörungen     > 10 %
Angstsyndrome 10 – 30 %
Nahrungsmittelunverträglichkeiten 10 – 20 %
Prämenstruelles Syndrom 10 – 20 %
Perimenopause Beschwerden 20 – 40 %
Irritables Kolon (Reizdarm) 10 – 15 %

Diese ganzen Symptome und Krankheitsbilder können durch unterschiedliche Störungen im Neurotransmitterhaushalt und/oder Störungen im Hormongleichgewicht begünstigt werden. Es gibt dabei fließende Übergänge vom Mangel an Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin über Störungen im Glutamat/GABA-Verhältnis bis hin zu  geringer oder exzessiver Cortisolausschüttung. Manche Neurostressprofile können eine durcheinander geratene Cortisol-Tagesrhythmik aufweisen und oder durch einen Mangel am Stresshormon DHEA geprägt sein. Dieses Hormon ist wiederum Ausgangssubstanz für viel Sexualhormone wie Testosteron, Progesteron oder Östradiol.

Neuro-Stressachse

Die Neurostressachse besteht im wesentlichen aus Hormonen und Neurotransmittern. Die Stress-Antwort des Körpers regulieren hauptsächlich die Hormone Cortisol und DHEA, (und Adrenalin) sowie die NTs (Neurotransmitter) Serotonin, Dopamin (und Noradrenalin). Glutamat und GABA sind allerdings die am häufigsten vorkommenden Neurotransmitter im ZNS und bestimmen maßgeblich dessen Aktivitätsniveau. Dabei wirkt GABA dämpfend (ähnlich dem Valium, das an den gleichen Rezeptoren andockt) und Glutamat anregend (in hohen Konzentrationen ist es neurotoxisch). Daneben gibt es noch Neurotransmitter wie Glycin, Histidin und PEA (Phenylalanin) die nur in bestimmten Hirnregionen wirken und als Modulatoren fungieren. Zum Ausgleich der gestörten Balance setzt man direkte Vorstufen (Aminosäuren) der Neurotransmitter in einem günstigen Verhältnis zueinander ein.

Die Neurohormone wirken wie bei der Nebennierenschwäche bereits erläutert zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebenniere. Über ACTH und CRH wird die Produktion von Cortisol gesteuert. Es gibt eine negative Rückkopplung die bei hohen Cortisolspiegeln dessen weitere Anregung unterbindet. Cortisol ist das wichtigste Stress-Hormon, das den Stoffwechsel anregt, antientzündlich, motivierend und temperatursteigernd wirkt. Es verbessert ebenso die geistige Leistungsfähigkeit und wirkt stimmungsaufhellend. DHEA ist ein weiteres wichtiges Stress-Hormon. Es wird ebenfalls in der Nebenniere gebildet und ist eine Vorstufe für verschiedene Steroidhormone. Daher wirkt DHEA anabol aber auch antidepressiv und antienzündlich. Es verbessert die Immunfunktion und kann auch im ZNS gebildet werden. Teilweise fungiert es direkt als Neurohormon. Bei Stress ist es erhöht, kann aber bei chronischem Stress in seiner Konzentration abfallen.

Neurotransmitter

Die Neurotransmitter haben im Nervensystem jeweils unterschiedliche Funktionen. Alle für den Neurostress relevanten Neurotransmitter haben unterschiedliche Eigenschaften:

Zu den Katecholaminen gehört Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin. Sie werden im Körper aus den Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin gebildet unter Mithilfe von Vitamin C, Vitamin B6, Kupfer und Magnesium.

Adrenalin: Das Adrenalin wird im Nebennierenmark gebildet und wirkt als Neurotransmitter anregend. Es steigert die Herzfrequenz, den Blutdruck und die geistige Aktivität. Außerdem erhöht es die Energiebereitstellung und die Sauerstoffaufnahme. An seiner Bildung ist unter anderem SAMe (S-Adenosylmethionin) beteiligt.

Noradrenalin: Noradrenalin wirkt ebenfalls anregend und steigert die Aufmerksamkeit, Wachheit, Konzentration und Motivation. Es wird bei akutem Stress aus bestimmten Hirnregionen freigesetzt und erhöht wie Adrenalin den Blutdruck ohne allerdings das Herzminutenvolumen zu ändern. Ein Mangel an Noradrenalin kann zu Antriebs- und Konzentrationsmangel führen sowie depressive Verstimmungen befördern.

Dopamin: Als Vorstufe zu Adrenalin und Noradrenalin ist Dopamin ein wichtiges Katecholamin das gleichzeitig einen elementaren Neurotransmitter im zentralen Nervensystem darstellt. Es wirkt teilweise in Wechselwirkung mit Serotonin und ist ebenfalls einer der ‘Wohlfühlbotenstoffe’. Es steuert die Koordination und Motorik und wirkt sich auf die geistige Leistungsfähigkeit und Motivation positiv aus. Es arbeitet mit anderen Katecholaminen zusammen. Ein chronischer Mangel kann Bewegungsstörungen verursachen und im Extremfall zum M. Parkinson führen. Dopaminmangel bewirkt außerdem einen Motivationsmangel und Müdigkeit am Tage. Ein chronischer Dopaminüberschuss kann Erschöpfung und Müdigkeit auslösen (zentrale Fatigue). In hohen Dosen ist es neurotoxisch.

Serotonin: Serotonin ist einer der zentralen Neurotransmitter. Es wirkt entspannend, stimmungsaufhellend, anti-depressiv und schlaffördernd. Aufgebaut wird es über Tryptophan und 5-Hydroxy-Tryptophan (5-HTP) mit Hilfe von Vitamin B6. Abends bei Dunkelheit kann es weiter zu Melatonin verstoffwechselt werden. Serotonin kommt ebenfalls im Magen-Darmtrakt (95%) sehr häufig vor. Es reguliert dort die Peristaltik, Motorik und Resorptionsfunktion des Darms. Ein starker Mangel kann zu vielen Symptomen wie Fibromyalgie, Depressionen, Schlafstörungen, Angststörungen, Migräne, Reizdarm MCS und starker Erschöpfung (Fatigue) führen. Verstärkt wird dies durch einen event. Mangel an Melatonin und Dopamin. Chronische Infektionen und ein dadurch ständig aktiviertes Immunsystem führen zu vermindertem Tryptophan, Serotonin und Melatonin und damit auch zu Depressionen.

Glutamat: Glutamat ist mengenmäßig der bedeutendste anregend wirkende Neurotransmitter. Fast 2/3 der neuronalen Aktivität wird durch Glutamat gewährleistet. Es ist elementar für die Vermittlung von Sinneseindrücken, für das Lernen und Gedächtnis sowie für die Motorik (Koordination, Muskelbewegungen). In zu hohen Mengen ist es allerdings neurotoxisch.

GABA: Gamma-Aminobuttersäure ist nach dem Glutamat der zweithäufigste Neurotransmitter im ZNS und ist ebenfalls an fast allen neuronalen Prozessen beteiligt. GABA hat dabei eine deutlich inhibitorische (dämpfende) Wirkung und ist meist innerhalb der Neuronen aktiv. Der Großteil aller Neuronen hat GABA-Rezeptoren, an denen auch einige Psychopharmaka wirken. Da es die präsynaptische Freisetzung anregender Neurotransmitter hemmt wirkt es angstlösend, schmerzlindernd, beruhigend, schlaffördernd. Es stabilisiert den Blutzucker und wirkt Krämpfen entgegen. Bei zu hohen GABA-Spiegeln kann es zu Angstzuständen, Schlafstörungen, Heißhunger und Autismus kommen. Deutlich niedrige Konzentrationen können mit Neurotransmitterfunktionsstörungen auftreten (Epilepsie, Schizophrenie).

Glutamat und GABA werden beide aus der Glutaminsäure gebildet, obwohl sie antagonistisch wirken. Das Verhältnis zwischen ihnen bestimmt die Grundaktivität des zentralen Nervensystems, während es Katecholamine und Serotonin modulieren.

Stressreaktion

Die Stressantwort läuft im Einzelnen ab wie es bereits zur Nebennierenschwäche (Adrenal Fatigue) beschrieben wurde. Zu Beginn reagiert die Neuro-Stressachse mit einer stärkeren Aktivität. Die Produktion der Stress-Hormone in den Nebennieren steigt an. Es resultiert ein erhöhter Cortisolwert und ein angehobene 24h-Tagesrhythmik. Erst bei schwerwiegenderen Formen sinkt der Cortisolspiegel allmählich ab, bis der typische morgendliche Peak (Spitze) fehlt, die Tagesrhythmik aufgehoben ist und die nächtliche Regeneration ausbleibt. Es entwickelt sich nun das Vollbild eines Burn-Out. Dies deutet auch darauf hin, dass die neuroendokrine Anpassungsreaktionen blockiert und Neurotransmitterspeicher erschöpft sind. Ähnliches gilt für DHEA(S), das bei chronischem Stress normal oder leicht erhöht ist. Bei stärkeren Belastungen kann auch DHEA abfallen und das Verhältnis von morgens zu abends kann sich verschieben.

Die Sressreaktion des autonomen Nervensystems reagiert bei chronischem Stress mit deutlicher Hemmung der Serotoninproduktion. Noradrenalin ist anfänglich erhöht kann aber unter dauerhafter Belastung ebenfalls absinken. Adrenalin fällt ab, Dopamin ist meist unverändert und nur selten erniedrigt. Bei ADHS/ADS kann Dopamin erhöht sein. Durch zusätzliche entzündliche Reaktionen im Körper und fehlender Stress-Antwort kommt es (im Zuge vom Burn-Out-Syndrom oder Sickness-Syndrom) häufig zu Schlafstörungen (Einschlafen, Durchschlafen) mit andauernder Erschöpfung/Fatigue bis hin zum ausgeprägtem CFS. Dies äußert sich weiterhin durch Antriebsschwäche, depressiven Verstimmungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Appetitlosigkeit, Angst und Empfindungsstörungen (MCS). Es kann auch eine verstärkte Schmerzempfindung (Fibromyalgie) oder Migräne resultieren. Zentral sind hierbei die Cortisolwerte und der Serotoninspiegel (siehe -> Adrenal-Fatigue).

Behandlung

Die Therapie des Neurostress zielt auf die Wiederherstellung der Neurotransmittergleichgewichte und das Auffüllen der Neurotransmitter-Defizite ab, dabei vor allem auf die Serotoninkonzentration. Es soll wieder eine Balance zwischen den anregenden (Noradrenalin, Dopamin, Glutamat) und dämpfenden (Serotonin, GABA, Glycin, Taurin) Botenstoffen im ZNS hergestellt werden. Dazu eignen sich therapeutisch besonders gut direkte Stoffwechselvorläufer der Neurotransmitter. Aminosäuren wie 5-Hydroxy-Tryptophan (5-HTP -> Serotonin), Tyrosin (-> Katecholamine) und Glutamin (Glutamat, GABA) wirken hervorragend zusammen mit Modulatoren (Theanin, Taurin etc.) und enzymatisch wichtigen Vitalstoffen (Vitamin C, Vitamin B6, Folsäure usw.). Auf Dauer kann sich so die Blockade der Stressachse (Hypothalamus-Hypophyse-Nebenniere) lösen.

Weitere Therapiemöglichkeiten:

Akupunktur, Entschlackungskuren, Homeopathie, Entspannungskuren